Einführender Vergleich in das spanische Wohnungseigentumsgesetz (Ley de Propiedad Horizontal)
Das deutsche Wohnungseigentumsrecht und das spanische Recht der Propiedad Horizontal, also des wörtlich übersetzt horizontalen Eigentums, weisen zahlreiche Gemeinsamkeiten auf. Wobei der deutsche Begriff des Wohnungseigentumsrechts zur Erläuterung dessen welche besonderen, rechtlichen Konstellationen von ihm erfasst werden, weitaus eindeutigere Assoziationen weckt. So kann doch unmittelbar von der Bezeichnung ausgegangen werden, die in gewisser Hinsicht selbsterklärend ist. Da sich die deutschen Regelungen konzeptuell mit dem Wesen der Propiedad Horizontal decken und viele Parallelen gezogen werden können, macht es Sinn, an dieser Stelle, gerade zur Einführung in das spanische Wohnungseigentumsrecht und zur Erleichterung des Verständnisses und Vergleichs dort die deutschen Bezeichnungen zu verwenden, wo ein entsprechendes, spanisches Pendant existiert.
Der Begriff Wohnungseigentum vermittelt bereits die Vorstellung des Eigentums an einer Wohnung, also dem Recht an einer abgegrenzten, individuell nutzbaren Immobilie, welche Teil einer größeren Struktur (Gebäude) ist, die ihrerseits über Elemente oder Einrichtungen verfügt (z.B. Hauseingang, Treppenhaus, Fahrstuhl), die mehreren Wohnungen dienen. Die abgeschlossene, individuell nutzbare Immobilie (Wohnung) wird in Deutschland als Sondereigentum und in Spanien als elemento privativo bezeichnet. Die den Sondereigentumselementen (Wohnungen) insgesamt dienenden Gemeinschaftseinrichtungen bilden das sogenannte gemeinschaftliche Eigentum bzw. elementos comunes auf Spanisch. Während das Sondereigentum einen einzigen Eigentümer haben kann, gehört das gemeinschaftliche Eigentum den Eigentümern der verschiedenen Sondereigentumseinheiten gemeinsam. Die Eigentümer des Sondereigentums haben jeweils einen Anteil am gemeinsamen Eigentum, der sich in einer prozentualen Quote ausdrückt. In Spanien bilden alle Quoten zusammen genommen die Gesamtquote von 100 Prozent (im deutschen Wohnungseigentumsrecht, wird der Anteil hingegen in Tausendsteln beschrieben).
Aus dieser Beschreibung lässt sich ableiten, dass für die Annahme von Wohnungseigentum, grundsätzlich (a) mehr als ein Sondereigentumselement, (b) mehr als ein Eigentümer, und (c) gemeinsames Eigentum, sprich Gemeinschaftseigentum existieren müssen. Die Eigentümer aller rechtlich abgegrenzten Sondereigentumselemente bilden zusammen die Eigentümergemeinschaft.
Zum besseren Verständnis sei vertiefend erläutert, dass bei Bestehen einer einzigen Eigentumseinheit, selbst bei mehreren Eigentümern, lediglich Miteigentum aber kein Sondereigentum bestehen kann. Sondereigentum setzt schließlich voraus, dass noch weiteres also insgesamt mindestens zwei Sondereigentumselemente bestehen, denen das sogenannte gemeinschaftliche Eigentum dient, welches wiederum anteilig in Form einer prozentualen Quote mit den Sondereigentumselementen verbunden ist. Sondereigentum bedarf also zu seiner Existenz verständlicherweise einer Mehrzahl solcherlei Elemente. Existieren keine in die Kategorien Sondereigentum und gemeinschaftliches Eigentum aufteilbaren Elemente, kann nur ein einziges Objekt vorliegen, an welchem lediglich Miteigentum begründet werden könnte.
Trotz des, wie bereits ausgeführt, aussagekräftigen Begriffes Wohnungseigentum darf man sich nicht zu der fälschlichen Annahme verleiten lassen, bei den Sondereigentumselementen müsse es sich notwendigerweise um Wohnungen handeln. Wenngleich dies mit Sicherheit der häufigste Fall ist, kann auch abseits von zentralen Wohngebäuden oder Wohnblöcken ein wohnungseigentumsrechtliches Verhältnis bestehen. Bestes Beispiel sind die in Spanien weit verbreiteten Einfamilienhäuser innerhalb einer Urbanisation. Auch in dieser Konstellation liegt Wohnungseigentum vor, wie Artikel 24 LPH entnommen werden kann, wenn gemeinschaftliches Eigentum existiert.
Entstehung des Wohnungseigentumsverhältnisses
Idealerweise liegt der Entstehung einer Gemeinschaft von Eigentümern ein entsprechender Gründungs- oder Errichtungstitel (título constitutivo), sprich die Teilungserklärung, zugrunde. Sie beschreibt jedes Sondereigentumselement und teilt diesem einen in Prozenten ausgedrückten Miteigentumsanteil (Quote) am gemeinschaftlichen Eigentum zu.[pullquote]Ein Gründungstitel bzw. eine Teilungserklärung sind nicht unbedingt erforderlich, um ein Wohnungseigentumsverhältnis annehmen zu können. Wohnungseigentum kann auch ohne eine förmliche Urkunde bestehen.[/pullquote]
Absolut erforderlich ist solch ein Gründungstitel jedoch nicht. So bezieht Artikel 2 der Ley de Propiedad Horizontal verschiedene Typen von Liegenschaften in den Anwendungsbereich des spanischen Wohnungseigentumsgesetzes ein, ohne dass für alle eine Teilungserklärung vorliegen müsste. Während unter Buchstabe a.) die über einen Gründungstitel verfügenden Immobilien genannt werden, integriert Buchstabe b.) auch diejenigen Objekte, welche die Voraussetzungen des Artikels 396 des Código Civil erfüllen, oder gemäß Buchstabe c.) solche Immobilienkomplexe, bei denen die Voraussetzungen des Artikels 24 LPH vorliegen (private Urbanisationen).
Auf diese Weise werden sowohl die Liegenschaften, die bereits vor in Kraft treten der LPH existierten wie auch diejenigen, welche trotz späteren Entstehens über keine Teilungserklärung verfügen, den Regelungen des spanischen Wohnungseigentumsgesetzes unterworfen, wenn diese über Sondereigentums- und gemeinschaftliche Eigentumselemente verfügen und mehreren Eigentümern gehören.
Die Teilungserklärung
Obwohl, wie soeben dargelegt, zur Annahme eines Wohnungseigentumsverhältnisses ein Gründungstitel nicht zwingend erforderlich ist, unterbleibt er nur in den seltensten Fällen.
[pullquote]Die Teilungserklärung wird üblicherweise durch den Alleineigentümer der Liegenschaft formuliert. Bestehen mehrere Eigentümer, weil der Bauträger bereits zum Verkauf enzelner Einheiten geschritten ist, bedarf es im Allgemeinen einer einstimmigen Erklärung aller Eigentümer. Alternativ kann die Teilungserklärung auch durch eine gerichtliche Entscheidung oder einen Schiedsspruch zustande kommen.[/pullquote]
Er kann gemäß Artikel 5 Absatz 2 LPH durch den Alleineigentümer der Liegenschaft, wenn mehrere Eigentümer existieren, durch deren einstimmige Willensbekundung, und sollte diese nicht zu erzielen sein, durch einen Schiedsspruch oder eine gerichtliche Entscheidung zustande kommen. Idealerweise wird der Alleineigentümer, vor jeder die Liegenschaft berührenden Eigentumsübertragung an Dritte, eine Teilungserklärung errichten, denn je zahlreicher die Eigentümerschar ist, desto schwieriger wird es sein, ein Einvernehmen unter diesen zu erreichen. Sollte in solcherlei Fällen aufgrund von Meinungsverschiedenheiten unter den Eigentümern tatsächlich keine Teilungserklärung errichtet werden können, ermöglicht das Gesetz den Gang vor ein Schiedsgericht oder die Anrufung der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Einschränkend muss bemerkt werden, dass ein Schiedsgericht hier nur dann Zuständigkeit erlangt, wenn sich alle Eigentümer darauf einigen. Mangelt es an dieser Einigung, entfällt die Zuständigkeit auf die Zivilgerichte erster Instanz (Artikel 45 Ley de Enjuiciamiento Civil), was den Normalfall bildet.
Regelmäßig wird der Gründungstitel in den ersten beiden Fällen (Errichtung durch den Alleineigentümer oder alle Eigentümer) die Form einer notariellen Teilungserklärung annehmen. Der Gesetzgeber sieht für die Teilungserklärung aber kein bestimmtes Formerfordernis vor, weshalb unter Berücksichtigung des Prinzips der allgemeinen Formfreiheit (Artikel 1278 C.C.) auch eine privatschriftliche Teilungserklärung Gültigkeit hätte. Lediglich das Erfordernis der Schriftform muss angenommen werden, da der Gründungstitel eine Reihe an Inhalten aufzuweisen hat, die darauf schließen lassen, es habe sich zumindest um ein schriftliches Dokument zu handeln.
Insbesondere bei Neubauten wird z.B. der Bauträger bzw. Bauherr aber schon deshalb den Weg der notariellen Urkunde beschreiten wollen, weil er den unmittelbaren Zugang zum Grundbuch freimacht (sollte der Alleineigentümer eine Behörde sein, besteht die Möglichkeit, einen Gründungstitel durch certificación administrativa zu schaffen, der dann ebenfalls direkten Zugang zum Grundbuch hat).
Die Eintragung der Teilungserklärung ins Grundbuch ist zwar ebenfalls nicht zwingend und hat lediglich deklarativen und keinen konstitutiven Charakter, dennoch leiten sich hieraus zahlreiche Vorteile ab, die sich nicht im öffentlichen Glauben der Grundbuchs und des hiermit einhergehenden besonderen Schutzes der dort eingetragenen Rechte erschöpfen.
Allgemeine Ausführungen zum spanischen Immobilienkaufrecht
Aus der Perspektive anderer Rechtsordnungen mag es verwundern, dass weder für die Teilungserklärung noch für den Verkauf von Anteilen an der Liegenschaft bzw. einzelner Sondereigentumselemente eine notarielle Beurkundung erforderlich ist, und dass die Eintragung dieser Geschäfte ins Grundbuch dem Willen der Parteien überlassen bleibt. Zum besseren Verständnis seien daher kurz die wesentlichen Züge des spanischen (Immobilien-) Kaufrechts skizziert:
In der spanischen Rechtsordnung gilt in Bezug auf die Anforderungen an eine Eigentumsübertragung mittels Kaufvertrags, aufbauend auf dem römischen Recht, die Theorie des título y modo d.h. der (vertraglichen) Einigung, also Vereinbarung und Übergabe der Sache selbst. Die Einigung zwischen Käufer und Verkäufer muss sich gemäß Artikel 1450 C.C. auf den Vertragsgegenstand und Preis erstrecken und verpflichtet von da an beide Parteien. Anders als in anderen Rechtsordnungen ist daher der Kaufvertrag zu seiner Wirksamkeit keinen Formerfordernissen unterworfen. Selbst eine mündliche Einigung wäre verbindlich. Widersprüchlich und verwirrend sind deshalb die Bestimmungen des Artikels 1280 C.C., wonach es zur Schaffung, Übertragung, Änderung oder Löschung dinglicher Rechte an Immobilien einer Beurkundung bedarf. Die einhellig von der Rechtsprechung vertretene Auffassung hat diesen Gegensatz dahingehend gelöst, dass der absoluten Formfreiheit des Artikels 1450 C.C. Vorrang geben und die Forderung des Artikels 1280 C.C. so verstanden wird, dass ihr nur Beweiswirkung zukommt, bzw. dass sich die Parteien gegenseitig zur Beurkundung verpflichtend auffordern können.
Auch wenn die erzielte Einigung bereits verbindlichen Charakter hat, findet die eigentliche Übertragung erst mit der Übergabe (modo) gemäß Artikel 609.2 C.C. statt. Andernfalls besteht lediglich ein Anspruch auf diese. Solange die Übergabe oder Inbesitznahme nicht erfolgt, wird der Erwerber nicht Eigentümer (siehe auch Artikel 1095 C.C.). Der tatsächlichen Übergabe steht die Beurkundung der Immobilie gleich (wenn in der Urkunde keine hiervon abweichende Regelung getroffen wurde).
[pullquote]Die Eintragung in das Grundbuch ist für den Erwerb an sich nicht erforderlich. Da im Gegensatz zum Kauf, eine Hypothek aber erst durch die Eintragung voll wirksam begründet wird, ist die Vorhergehende Eintragung des Erwerbs im Ergebnis unausweichlich. Schliesslich gibt es ohne Eintragung des Kaufs auch keine Finanzierung.[/pullquote]
Die notarielle Beurkundung, wie auch die Eintragung ins Grundbuch, sind weder für den Eigentumserwerb noch für die Begründung des Wohnungseigentums erforderlich, da sie in diesem Falle lediglich deklarativen aber nicht konstitutiven Charakter haben. Eine Eintragung dieser Rechte entfaltet zusätzlich lediglich Wirkung gegenüber Dritten. Diese dürfen auf die Richtigkeit der in ihm enthaltenen Angaben vertrauen (solange sie keine anderslautenden Informationen haben bzw. bösgläubig sind).
Aufgrund der durch Artikel 1278 C.C. vorgesehenen Formfreiheit muss zwar weder die Teilungserklärung noch die Veräußerung der Sondereigentumselemente an Dritte beurkundet werden, doch entfalten diese Geschäfte deshalb bei Verzicht auf diese Möglichkeit lediglich eine unmittelbare Wirkung zwischen den Parteien.
Allerdings gibt es auch dingliche Rechte, die erst durch die Eintragung begründet werden. Hierzu gehört, wie Artikel 1875 C.C. und Artikel 145 Ley Hipotecaria bestimmen, die Hypothek.
Deren Eintragung erfordert aber, dass die Immobilie (und ihr Eigentümer) die durch dieses (beschränkte) dingliche Recht belastet wird, zuvor in das Grundbuch Einzug gefunden haben.
Der Bauträger wird daher, um – wie dies in der Branche üblich ist – auf die einzelnen Sondereigentumselemente eine Hypothek aufnehmen zu können, nicht an der notariellen Teilungserklärung und ihrer Eintragung ins Grundbuch vorbeikommen.
Neben der Möglichkeit, nunmehr auf den einzelnen Sondereigentumselementen eine Hypothek begründen zu können, wird auch deren Veräußerung an Dritte erleichtert.
Spätestens dann, wenn den Käufern die Aufnahme einer Hypothek zur Zahlung des vereinbarten Kaufpreises ermöglicht werden soll, muss die Teilungserklärung aber auch der Kaufvertrag notariell beurkundet und ins Grundbuch eingetragen worden sein.
Da Artikel 8.4 LH der Teilungserklärung auch dann den Zugang zum Grundbuch gewährt, wenn sich die Liegenschaft noch in Bau befindet, bzw . lediglich mit dem Bau begonnen wurde, kann eine entsprechende Eintragung sehr frühzeitig erfolgen.
[dropcap] ACHTUNG: [/dropcap]
An dieser Stelle soll allerdings ein besonderer Hinweis auf die rechtliche Situation im Land Valencia gegeben werden. Aufgrund des Gesetzes 8/2004 darf der Bauträger erst dann mit dem Verkauf von Sondereigentum beginnen, wenn die Teilungserklärung ins Grundbuch eingetragen wurde.