Lärm in der Eigentümergemeinschaft in Spanien
Ein kürzlich ergangenes Urteil des Gerichts erster Instanz in Burgos (Juzgado de Primera Instancia de Burgos nº 4, Urteil nº 197/2024, vom 29. Mai), Spanien, hat wichtige Fragen zur Lärmbelästigung und störenden Aktivitäten in Wohnanlagen behandelt. Das Gericht gab der Klage einer Eigentümergemeinschaft teilweise statt und verfügte, dass der störende Mieter Lärm und lautstarke Streitigkeiten zu unterlassen habe. Der Eigentümer der Immobilien, also der Vermieter, wurde in die Pflicht genommen, auf ein Unterlassen der Störungen durch den Mieter hinzuwirken. Eine Vertragsauflösung lehnte das Gericht jedoch ab.
Einleitung: Ein Fall von Nachbarschaftsstreit
Der Beklagte Herr M. bewohnte als Mieter eine Wohnung des Mitbeklagten Eigentümers, Herrn E. in Burgos. Die Wohnungseigentümergemeinschaft warf Herrn M. vor, massive Ruhestörungen durch Lärm, lautstarke Streitigkeiten, zuschlagende Türen sowie das Wegwerfen von Zigaretten und Müll zu verursachen. Vorausgegangen waren Abmahnungen an Mieter und Eigentümer. Der geforderten Unterlassung kam Herr M. allerdings nicht nach, woraufhin die Eigentümergemeinschaft Klage einreichte. Sie begehrte die Unterlassung der Störungen und die Auflösung des Mietvertrags.
Hintergrund des Falles
Der Rechtsstreit entstand aus einer Situation, die vielen Bewohnern von Mehrfamilienhäusern bekannt vorkommen dürfte. Die Eigentümergemeinschaft behauptete, dass ein Bewohner, hier der Mieter Herr M., zusammen mit seiner Partnerin, regelmäßig durch laute Geräusche, heftige Streitigkeiten und andere störende Verhaltensweisen die Ruhe und den Frieden in der Wohnanlage störe.
Die Kläger führten an, dass diese Aktivitäten nicht nur auf die Wohnung beschränkt blieben, sondern sich auch auf die Gemeinschaftsbereiche ausdehnten. Sie behaupteten zudem, dass Gegenstände aus dem Fenster geworfen wurden und es zu Sachbeschädigungen kam.
Die Eigentümergemeinschaft verklagte sowohl Herrn M. als Mieter, wie auch den Eigentümer der Wohnung, Herrn E. Sie forderten die Einstellung der störenden Aktivitäten und sogar die Auflösung des Mietvertrages sowie die Räumung der Wohnung.
Das Gericht gab der Klage teilweise statt. Es verpflichtete den Mieter, Herrn M., zur Unterlassung von starken Ruhestörungen zu jeder Tages- und Nachtzeit, belästigenden Streitigkeiten und des Zuschlagens von Türen. Dem Eigentümer Herrn E. wurde aufgegeben, auf die Einhaltung durch den Mieter hinzuwirken. Von einer Vertragsauflösung sah das jedoch Gericht ab. Es begründete dies damit, dass es sich eher um ein das Zusammenleben störendes Verhalten als um die Ausübung einer unzulässigen Tätigkeit handele, wie die Eigentümergemeinschaft argumentiert hatte. Die Störungen hätten zudem in jüngster Zeit abgenommen. Eine Vertragsauflösung wäre daher unverhältnismäßig.
Die Beweisaufnahme habe zwar starke, auch nächtliche Ruhestörungen bestätigt. Hierin eine unzulässige Tätigkeit zu erblicken lehnte das Gericht jedoch ab. Denn es sei zwischen einer unzulässigen Tätigkeit im Sinne einer gewerblichen Betätigung und einer einfachen Ruhestörung zu unterscheiden. Daher erschien dem Gericht auch eine Auflösung des Vertragsverhältnisses und Räumung der Wohnung als zu weitgehend. Unterhalb der unzulässigen Tätigkeit könne aber dennoch die Schwelle der einfachen Störung überschritten worden sein, und dies müsse natürlich mittels eines Ausgleichs der Interessen von Mietern und übrigen Bewohnern gelöst werden. Da diese Grenze im vorliegenden Fall überschritten worden sei, könne auch das Unterlassungsgebot ausgesprochen werden, welches nach Ansicht des Gerichts hier einen angemessenen Ausgleich schaffe.
Das Gerichtsurteil
Das Gericht begründete seine Entscheidung auf Grundlage folgender Aspekte:
Artikel 7.2 des spanischen Wohnungseigentumsgesetzes (Ley de Propiedad Horizontal) verbietet Eigentümern und im Allgemeinen jedem Bewohner Aktivitäten, die:
- In der Satzung der Eigentümergemeinschaft verboten sind
- Der Immobilie schaden
- Gegen allgemeine Bestimmungen über störende, gesundheitsschädigende, schädliche, gefährliche oder illegale Aktivitäten verstoßen
Das Gesetz ermöglicht es der Eigentümergemeinschaft somit, eine Unterlassungsklage einzureichen und sogar zu beantragen, die Nutzung der Wohnung für bis zu drei Jahre zu untersagen.
Wichtige Aspekte des Urteils:
- Verfahrensvoraussetzungen: Das Gericht betonte die Bedeutung der im Gesetz vorgeschriebenen Voraussetzungen, insbesondere die vorherige Abmahnung des Störers und den Beschluss der Eigentümerversammlung zur Klageerhebung.
- Beweislast: Die Richterin legte großen Wert auf konkrete Beweise für die behaupteten Störungen. Nicht alle Vorwürfe der Kläger konnten ausreichend belegt werden.
- Verhältnismäßigkeit: Das Gericht wägte sorgfältig zwischen den Interessen der Gemeinschaft und den Rechten des die Ruhe störenden Bewohners ab. Es befand, dass eine Anordnung zur Einstellung der Lärmbelästigung ausreichend und verhältnismäßig sei.
- Differenzierung zwischen Eigentümer und Bewohner / Mieter: Obwohl beide verklagt wurden, richtete sich die Anordnung zur Einstellung der Störungen nur an den Bewohner, nicht an den Eigentümer.
Das Urteil hatte daher folgende Auswirkungen:
- Teilweise Anerkennung der Klageforderungen: Das Gericht erkannte an, dass tatsächlich störende Aktivitäten stattgefunden hatten, insbesondere in Form von lauten Streitigkeiten und Lärmbelästigung.
- Anordnung zur Einstellung der Lärmbelästigung: Der Mieter, Herr M., wurde angewiesen, die Verursachung von lauten Geräuschen zu jeder Tageszeit, Streitigkeiten und das Türenknallen einzustellen, und damit die Beeinträchtigungen durch diesen Lärm in den Gemeinschaftsbereichen und anderen Wohnungen zu beenden.
- Ablehnung weitergehender Forderungen: Das Gericht lehnte jedoch die Forderungen nach Auflösung des Mietvertrags und Räumung der Wohnung ab. Es befand diese Maßnahmen als unverhältnismäßig angesichts der festgestellten Störungen.
- Keine Kostenentscheidung: Aufgrund der teilweisen Stattgabe der Klage entschied das Gericht, dass jede Partei ihre eigenen Prozesskosten zu tragen habe.
Lehren aus dem Urteil
- Kommunikation ist entscheidend: Viele Nachbarschaftskonflikte könnten durch bessere Kommunikation und gegenseitiges Verständnis gelöst werden, bevor sie eskalieren.
- Dokumentation ist wichtig: Eigentümergemeinschaften sollten Beschwerden und Vorfälle sorgfältig dokumentieren, um im Ernstfall Beweise vorlegen zu können.
- Verhältnismäßigkeit wahren: Gerichte bevorzugen ausgewogene Lösungen, welche die Interessen aller Parteien berücksichtigen.
- Klage als letztes Mittel: Der Klageweg sollte erst beschritten werden, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden.
- Kenntnis der Rechte und Pflichten: Sowohl Eigentümer als auch Mieter sollten ihre Rechte und Pflichten in einer Wohnanlage kennen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Frage: Was können Eigentümergemeinschaften tun, wenn ein Bewohner ständig stört?
Antwort: Eigentümergemeinschaften sollten zunächst den Störer schriftlich abmahnen und zur Einstellung der störenden Aktivitäten auffordern. Wenn dies nicht hilft, kann die Eigentümerversammlung beschließen, rechtliche Schritte einzuleiten. - Frage: Können Mieter aus der Wohnung geworfen werden, wenn sie wiederholt stören?
Antwort: Eine Zwangsräumung ist eine extreme Maßnahme, die Gerichte nur in schwerwiegenden Fällen anordnen. In der Regel werden zunächst mildere Maßnahmen wie Unterlassungsanordnungen bevorzugt. - Frage: Wie können Bewohner Lärmbelästigungen beweisen?
Antwort: Bewohner sollten ein Lärmprotokoll führen, in dem Datum, Uhrzeit und Art des Lärms festgehalten werden. Wenn möglich, sollten auch Audioaufnahmen gemacht und Zeugenaussagen gesammelt werden. - Frage: Welche Rolle spielt der Eigentümer, wenn der Mieter stört?
Antwort: Der Eigentümer kann für das Verhalten seines Mieters mitverantwortlich gemacht werden, insbesondere wenn er nach Kenntnis der Probleme nicht angemessen reagiert. Er sollte bei anhaltenden Störungen den Mieter abmahnen und notfalls den Mietvertrag kündigen. - Frage: Wie lange dauert ein solches Gerichtsverfahren in Spanien typischerweise?
Antwort: Die Dauer kann stark variieren, aber solche Verfahren können sich über mehrere Monate bis zu einem Jahr oder länger hinziehen. - Frage: Gibt es Alternativen zum Gerichtsverfahren?
Antwort: Ja, Mediation oder Schlichtungsverfahren können effektive Alternativen sein. - Frage: Welche Kosten entstehen bei einem solchen Gerichtsverfahren?
Antwort: Die Kosten umfassen oft nicht nur Anwaltsgebühren, sondern manchmal auch Sachverständigenkosten. Bei teilweiser Stattgabe der Klage, wie in diesem Fall, tragen oft alle Parteien ihre eigenen Kosten. Deshalb ist es wichtig, die Klage gut vorzubereiten, außergerichtliche Lösungsmöglichkeiten auszuschöpfen, und realistische Forderungen zu stellen. Erringt man nämlich ein voll stattgebendes Urteil, erfolgt regelmäßig auch eine Verurteilung des Gegners zur Tragung der Kosten in Höhe der gesetzlichen Gebühren.